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Was passiert, wenn der Arbeitgeber Ziele für Bonuszahlungen zu spät festlegt

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Was passiert, wenn der Arbeitgeber Ziele für Bonuszahlungen zu spät festlegt?

Viele Arbeitsverträge enthalten heutzutage Regelungen für „Bonuszahlungen“, „Tantiemen“ oder sonstige variable Vergütungsbestandteile. Arbeitnehmer erhalten diese zusätzlichen Zahlungen jedoch in der Regel nur dann, wenn sie im jeweiligen Kalenderjahr bestimmte Ziele erreicht haben. Diese Ziele werden aus praktischen Gründen in separaten Zielvereinbarungen geregelt. Die Inhalte dieser Zielvereinbarungen werden teilweise in jedem Kalenderjahr individuell zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ausgehandelt. Doch in vielen Zielvereinbarungen wird auch auf unternehmensbezogene Ziele Bezug genommen, die in jedem Kalenderjahr einseitig vom Arbeitgeber festgesetzt werden (z.B. das Erreichen bestimmter Umsatzschwellen).

Doch was passiert, wenn der Arbeitgeber eine derartige Zielvorgabe in einem Kalenderjahr gar nicht oder nur stark verspätet vorgenommen hat?

Eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg (Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 26.04.2024 – 8 Sa 292/23) beantwortet diese Frage.

Worum ging es in dem Prozess?

Eine Arbeitnehmerin und ihr Arbeitgeber stritten sich um die Höhe einer an die Arbeitnehmerin vorgenommenen Bonuszahlung für das Geschäftsjahr 2021. Gemäß ihrem Arbeitsvertrag hatte die Arbeitnehmerin einen Anspruch auf „einen Bonus auf Basis einer Zielvereinbarung“, dessen Höhe auf der Erreichung individueller Ziele sowie der Erreichung bestimmter Unternehmensziele beruhte. Die Arbeitnehmerin hatte von ihrem Arbeitgeber 6.652,64 € brutto als Bonuszahlung für das Geschäftsjahr 2021 erhalten. Sie verlangte jedoch eine Aufstockung der Bonuszahlung um weitere 10.727,87 € brutto, da ihr Arbeitgeber die Unternehmensziele erst am 26.10.2021 – kurz vor Ende des Geschäftsjahres 2021 – veröffentlicht hat. Der Arbeitgeber vertrat die Auffassung, dass ihm bezüglich der Unternehmensziele ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht sowie ein Widerrufsvorbehalt zusteht.

Wie hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg entschieden?

Wie schon die Erstinstanz (das Arbeitsgericht Würzburg – Kammer Aschaffenburg) gab auch das Landesarbeitsgericht Nürnberg der Klage der Arbeitnehmerin statt. Bei der Bestimmung der Unternehmensziele handele es sich zwar tatsächlich um eine Zielvorgabe, die der Arbeitgeber allein treffen kann. Nach Ansicht der Richterinnen und Richter des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat die Arbeitnehmerin dennoch einen Anspruch auf Schadensersatz gegen ihren Arbeitgeber, weil dieser seine arbeitsvertraglichen Pflichten durch eine deutlich verspätete Zielvorgabe verletzt hat. Die Zielvorgabe sei der Arbeitnehmerin so spät im Jahresverlauf mitgeteilt worden, dass eine Erreichung der Unternehmensziele durch bloßen Zeitablauf unmöglich geworden ist. Die durch Bonuszahlungen bezweckte Steigerung der Motivation der Arbeitnehmer kann nur dann erfüllt werden, wenn die Arbeitnehmern die von ihr zu erreichenden Ziele bereits bei der Ausübung ihrer Tätigkeit kennt. Wenn eine Zielvorgabe durch den Arbeitgeber erst so spät im Kalenderjahr erfolgt, dass sie ihre Anreizfunktion nicht mehr erfüllen kann, wird sie so behandelt, als wäre sie nie erfolgt. Und bei einer pflichtwidrig und schuldhaft unterbliebenen Zielvorgabe besteht grundsätzlich ein Anspruch der Betroffenen auf Schadensersatz (so auch schon: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil v. 06.02.2024 – 3 Sa 390/23). Ein etwaiger Widerrufsvorbehalt des Arbeitgebers verstößt nach Ansicht der Richterinnen und Richter zudem gegen das Klauselverbot aus § 308 Nr. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), weshalb der Arbeitgeber sich auch nicht durch einen Widerruf von seiner Zahlungsverpflichtung lösen kann.

Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber

Die neuere Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte ist für Arbeitgeber ungünstig, da grundsätzlich unterstellt wird, dass die betroffenen Arbeitnehmer ihre Ziele im relevanten Kalenderjahr vollumfänglich erreicht hätten. Einen Gegenbeweis lässt die Rechtsprechung zwar grundsätzlich zu. Praktisch dürfte dieser Gegenbeweis für Arbeitgeber aber kaum zu führen sein, da sich in derartigen Konstellationen nur schwer beweisen lässt, dass ein Arbeitnehmer seine Ziele ohnehin nicht erreicht hätte.  

Um sich nicht Schadensersatzansprüchen von Arbeitnehmern ausgesetzt zu sehen, sollten Arbeitgeber daher unbedingt darauf verzichten, Zielvorgaben für Bonuszahlungen zu spät im Kalenderjahr gegenüber betroffenen Arbeitnehmern bekanntzugeben. 

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine Beratung im Einzelfall ersetzen können. Gerne berate ich Sie persönlich oder auch online zu Ihren Rechtsthemen im Arbeitsrecht.

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