Trixi Hoferichter - Ich mache mich für Sie stark. Für Sie finde ich Wege und Lösungen.

Schadensersatz und Vertragsstrafe bei Nichtantreten der Stelle

Fachbeitrag im Arbeitsrecht für Arbeitgeber

Wenn der neue Mitarbeiter nicht kommt – Welche Ansprüche hat der Arbeitgeber?

Sie haben einen Arbeitsvertrag mit einem neuen Mitarbeiter geschlossen, aber dieser tritt die Stelle nicht an oder kündigt kurz vor Arbeitsbeginn? Als Arbeitgeber stehen Sie nun vor der Herausforderung, kurzfristig Ersatz zu finden und möglicherweise zusätzliche Kosten zu tragen. Dieser Ratgeber erklärt, welche Schadensersatzansprüche Ihnen in dieser Situation zustehen können.

Ist eine Kündigung vor Arbeitsantritt zulässig?

Eine Kündigung vor Arbeitsantritt ist laut Bundesarbeitsgericht zulässig. Die Kündigungsfrist läuft ab dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Kündigung erhält – auch vor dem vertraglich vereinbarten Dienstbeginn. 

Beim Arbeitsvertrag besteht kein Rücktrittsrecht, vielmehr muss das Arbeitsverhältnis gekündigt werden. Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist auch vor Aufnahme der Arbeitstätigkeit möglich. 

Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat einen Arbeitsvertrag mit Arbeitsbeginn zum 1. September unterschrieben. Die Kündigungsfrist während der Probezeit beträgt zwei Wochen. Er kündigt am 10. August. Die Kündigungsfrist endet am 26. August – der Arbeitnehmer muss die Stelle nicht antreten.

Wann besteht ein Schadensersatzanspruch?

Als Arbeitgeber können Sie grundsätzlich Schadensersatz verlangen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

Verweigert der Arbeitnehmer schon im Vorfeld die Arbeitsleistung, verletzt er eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, das ihn mit dem Arbeitgeber verbindet. Folglich ist er zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet.

Grundsätzlich besteht ein Anspruch des Arbeitgebers auf Schadensersatz, wenn der Arbeitnehmer eine Pflichtverletzung begeht. Allerdings findet dieser Schadensersatz seine Grenzen darin, dass der Arbeitnehmer den Schaden zu vertreten haben muss. 

Voraussetzungen im Überblick:

  • Der Arbeitnehmer kündigt das Arbeitsverhältnis vor oder unmittelbar nach Dienstantritt
  • Die Kündigung erfolgt schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig)
  • Dem Arbeitgeber entsteht dadurch ein konkreter Schaden
  • Der Schaden wäre bei ordnungsgemäßer Kündigung nicht entstanden

Welche Schäden können geltend gemacht werden?

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber Ersatz verlangen für jeden Schaden, der kausal durch den Nichtantritt verursacht wurde. Wenn mangels der Arbeitsleistung Aufträge verloren gehen oder nicht erfüllt werden können oder teurere Arbeitskräfte als Ersatz eingestellt werden müssen, kann dies ein kausaler Schaden sein. 

Ersatzfähige Kosten:

1. Kosten für Ersatzkräfte:

  • Überstundenvergütungen für andere Mitarbeiter
  • Höhere Vergütung für kurzfristig eingestellte Ersatzkräfte
  • Kosten für Zeitarbeitskräfte

2. Anwerbungskosten: 

Ein Schaden kann beispielsweise dadurch eintreten, dass eine Aushilfskraft eingestellt werden muss und dadurch Mehraufwendungen anfallen. Ein Schaden kann auch dadurch entstehen, dass neue Anzeigen geschaltet werden müssen. 

  • Kosten für erneute Stellenanzeigen
  • Headhunter-Gebühren
  • Kosten für neue Bewerbungsgespräche

3. Entgangener Gewinn:

Als Schaden kommt beispielsweise entgangener Gewinn des Arbeitgebers in Betracht, nicht aber die Kosten für eine Ersatzkraft, wenn diese Kosten auch bei einer ordnungsgemäßen Kündigung entstanden wären. 

Beweislast und Schadensnachweis

Ein entscheidender Punkt: Im Prozess müsste der Arbeitgeber beweisen, welcher konkrete Schaden ihm entstanden ist. 

Es ist für den Arbeitgeber in diesen Fällen regelmäßig schwer, den konkreten Schaden darzulegen und zu beweisen. Ohne nähere Kenntnisse ist es unmöglich, den möglichen Schaden zu schätzen, das Risiko wird aber im Ergebnis als gering eingeschätzt. 

Was müssen Sie als Arbeitgeber nachweisen:

  • Konkrete Höhe der entstandenen Mehrkosten
  • Kausaler Zusammenhang zwischen Kündigung und Schaden
  • Dass der Schaden bei ordnungsgemäßer Kündigung nicht entstanden wäre

Schadensminderungspflicht des Arbeitgebers

Bei einem Schadensersatzanspruch ist immer zu beachten, dass der Arbeitgeber im Streitfall einen entsprechenden Schaden nachweisen muss. Außerdem besteht eine Schadensminderungspflicht, das heißt, wenn der Arbeitgeber durch Einsatz anderer Mitarbeiter die Termine (teilweise) abdecken kann, ist er dazu verpflichtet. 

Ihre Pflichten als Arbeitgeber:

  • Schnellstmögliche Suche nach Ersatz
  • Einsatz vorhandener Mitarbeiter zur Überbrückung
  • Minimierung des Schadens durch zumutbare Maßnahmen

Zeitliche Begrenzung des Schadensersatzes

Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung entsteht ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach. Allerdings gilt, dass ein Schadensersatzanspruch nur besteht, wenn der Schaden bei vertragsgemäßer Kündigung zum ersten möglichen Termin nicht entstanden wäre. Bei Ihnen wäre dafür die 2 Wochen Frist maßgeblich. 

Der Schadensersatz ist zeitlich auf die ordentliche Kündigungsfrist begrenzt. Kosten, die danach anfallen, sind nicht ersatzfähig, da der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Frist ohnehin hätte beenden können.

Beispiel: Die Kündigungsfrist beträgt vier Wochen. Der Arbeitnehmer kündigt sofort. Sie können nur Schäden geltend machen, die in diesen vier Wochen entstehen.

Schadensersatz bei noch nicht unterschriebenem Vertrag

Sofern der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag unterschreibt und dann vor Antritt der Arbeitsstelle wieder kündigt, könnte der Arbeitgeber eventuell einen Schadensersatz geltend machen. Solange der Arbeitsvertrag noch nicht unterschrieben wurde, könnte – je nachdem, wie weit die Vertragsverhandlungen fortgeschritten sind – ein Aufwendungsersatzanspruch von Seiten des Arbeitgebers geltend gemacht werden. Dieser Anspruch umfasst alle Aufwendungen, die der Arbeitgeber im Vertrauen auf die Vertragsunterzeichnung gemacht hat. Ersatzansprüche können sich nur auf Aufwendungen beziehen, die der Arbeitgeber im Vertrauen auf das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses machen durfte (zum Beispiel Anschaffung von Dienstkleidung, Löschen mit eventuellen Neuschaltungskosten der Einstellungsanzeige).

Vertragsstrafen

Sie können im Arbeitsvertrag Vertragsstrafen für den Fall der Kündigung vor Arbeitsantritt vereinbaren. Allerdings gibt es rechtliche Grenzen:

Eine vorformulierte Vertragsstrafenvereinbarung, bei Nichtantritt der Arbeit eine Vertragsstrafe in Höhe eines vollen Monatsgehalts zahlen zu müssen, ist wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam, wenn sich der Arbeitnehmer rechtmäßig mit einer entsprechend kürzeren Kündigungsfrist vom Vertrag lösen könnte. 

Eine Vertragsstrafe ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich zulässig, wenn die Vertragsstrafe den Verdienst des Arbeitnehmers für den Zeitraum der Kündigungsfrist nicht übersteigt. Da die Kündigungsfrist während der Probezeit zwei Wochen beträgt, darf die Vertragsstrafe bei Nichtantritt der Arbeitsstelle nicht höher sein als das Gehalt des Arbeitnehmers für zwei Wochen.

Zulässige Vertragsstrafen:

  • Maximal in Höhe der Vergütung für die Kündigungsfrist
  • Bei Probezeit (2 Wochen): maximal 2 Wochengehälter
  • Muss angemessen und verhältnismäßig sein

Praktische Empfehlungen für Arbeitgeber

1. Dokumentation Dokumentieren Sie alle entstandenen Kosten sorgfältig:

  • Rechnungen für Stellenanzeigen
  • Nachweise über Mehrarbeit anderer Mitarbeiter
  • Kosten für Headhunter oder Personalvermittler
  • Entgangene Aufträge (soweit nachweisbar)

2. Schadensminderung Bemühen Sie sich aktiv um Schadensminderung:

  • Sofortige Neuausschreibung der Stelle
  • Umverteilung der Aufgaben im Team
  • Prüfung von Zeitarbeitslösungen

3. Frühzeitige Kommunikation Wenn der Arbeitgeber frühzeitig informiert ist, bleibt für einen Schaden regelmäßig nur ein ganz geringer Raum. 

4. Einvernehmliche Lösung Ein Aufhebungsvertrag, in dem die Ansprüche geregelt werden, ist einem Gerichtsverfahren vorzuziehen. 

Versuchen Sie, mit dem Arbeitnehmer eine einvernehmliche Regelung zu finden, etwa:

  • Pauschaler Schadensersatz
  • Übernahme konkreter Kosten (z.B. Inseratskosten)
  • Aufhebungsvertrag mit Schadensregelung

5. Vertragliche Absicherung

  • Vereinbaren Sie angemessene Vertragsstrafen
  • Regeln Sie Kündigungsfristen klar
  • Dokumentieren Sie wichtige Vereinbarungen schriftlich

Realistische Erfolgsaussichten

In der Praxis sind die Erfolgsaussichten für Schadensersatzforderungen begrenzt:

In der Praxis ist ein solcher Schaden aber nur sehr schwer nachweisbar, zumal der Arbeitgeber auch die Pflicht zur Schadensminderung hat. Wenn Sie zum Beispiel jetzt schon kündigen, hätte der Arbeitgeber viele Monate Zeit, um für Ersatz zu sorgen und Aufträge entsprechend umzudisponieren. Insofern ist hier durchaus fraglich, ob er hier irgendeinen Schaden sicher nachweisen kann.

Faktoren, die die Durchsetzbarkeit beeinflussen:

  • Zeitpunkt der Kündigung (je früher, desto schwieriger der Schadensnachweis)
  • Qualifikationsniveau der Position
  • Verfügbarkeit von Ersatzkräften am Arbeitsmarkt
  • Konkrete Nachweisbarkeit entstandener Mehrkosten

Besondere Konstellationen

Hochqualifizierte Positionen Bei Führungskräften oder Spezialisten mit langer Rekrutierungszeit sind höhere Schadensersatzansprüche realistischer, da:

  • Headhunter-Kosten erheblich sein können
  • Die Neubesetzung länger dauert
  • Konkrete Projektausfälle nachweisbar sein können

Saisongeschäft In saisonabhängigen Branchen kann der Schaden höher sein, wenn:

  • Kurzfristig kein Ersatz verfügbar ist
  • Umsatzeinbußen konkret nachweisbar sind
  • Die Hauptsaison betroffen ist

Mündlicher Arbeitsvertrag Ein Arbeitsvertrag kann auch mündlich geschlossen werden. Die wesentlichen Inhalte des Vertrages (Arbeitsort, -zeit, Lohn) müssten dann aber bereits geklärt gewesen sein.

Rechtliche Beratung in unserer Kanzlei

Jeder Fall ist individuell und hängt von den konkreten Umständen ab. Wenn ein Arbeitnehmer bei Ihnen vor Dienstantritt kündigt und Sie Schadensersatzansprüche geltend machen möchten, stehen wir Ihnen gerne mit unserer Expertise zur Seite.

In einem persönlichen Gespräch können wir Ihre spezifische Situation analysieren, die Erfolgsaussichten realistisch einschätzen und gemeinsam die beste Vorgehensweise entwickeln. Wir unterstützen Sie bei der Dokumentation des Schadens, der außergerichtlichen Geltendmachung und – falls erforderlich – der gerichtlichen Durchsetzung Ihrer Ansprüche.

Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Erstberatung – wir helfen Ihnen, Ihre Rechte als Arbeitgeber effektiv durchzusetzen.

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