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Stellenabbau und Teilzeit: Warum Eltern anwaltlichen Rat einholen sollten

Fachbeitrag im Arbeitsrecht für Arbeitnehmer

Einleitung

Restrukturierungen, Stellenabbau, Interessenausgleich und Sozialplan – diese Begriffe sorgen bei vielen Arbeitnehmern für Unsicherheit. Besonders betroffen sind Eltern in Teilzeit, die aufgrund familiärer Verpflichtungen ihre Arbeitszeit reduziert haben. Gerade in solchen Situationen ist anwaltliche Beratung im Arbeitsrecht unerlässlich, um Diskriminierung zu vermeiden und die eigenen Rechte zu wahren.

Warum Teilzeitkräfte beim Stellenabbau oft benachteiligt werden

Teilzeitbeschäftigte, insbesondere Eltern, geraten bei betriebsbedingten Maßnahmen wie Kündigungen, Aufhebungsverträgen oder Sozialplänen häufig ins Hintertreffen. Die Gründe hierfür sind vielfältig:

  • Sozialauswahl: Bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer wird oft das aktuelle Einkommen oder die Arbeitszeit als Kriterium herangezogen. Teilzeitkräfte erscheinen dadurch „weniger schutzwürdig“.

  • Abfindungsberechnung: Die Höhe von Abfindungen oder Sozialplanleistungen wird häufig auf Basis des aktuellen (reduzierten) Teilzeitgehalts berechnet.

  • Verdeckte Diskriminierung: Auch wenn die Regelungen formal gleich erscheinen, benachteiligen sie Teilzeitkräfte faktisch – insbesondere Eltern, die ihre Arbeitszeit wegen Kinderbetreuung reduziert haben.

Rechte von Eltern in Teilzeit

Eltern, die in Teilzeit arbeiten, genießen einen besonderen Schutz. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) sowie das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) verbieten eine Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit oder der Inanspruchnahme von Elternzeit. Dies gilt insbesondere bei:

  • Kündigung während der Elternzeit
  • Berechnung von Abfindungen und Sozialplanleistungen
  • Sozialauswahl im Rahmen von Restrukturierungen

Wann liegt eine (verdeckte) Ungleichbehandlung vor?

Eine Ungleichbehandlung liegt nicht nur dann vor, wenn Teilzeitkräfte ausdrücklich schlechter gestellt werden. Auch scheinbar neutrale Regelungen können eine Diskriminierung darstellen, wenn sie Teilzeitbeschäftigte faktisch benachteiligen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn:

  • Die Abfindung oder Sozialplanleistung auf Basis des während der Elternzeit reduzierten Teilzeitgehalts berechnet wird.
  • Die Sozialauswahl das geringere Einkommen oder die kürzere Betriebszugehörigkeit während der Teilzeit negativ berücksichtigt.

Relevante Rechtsprechung: EuGH und BAG zur Diskriminierung von Teilzeitkräften

Die Rechtsprechung hat mehrfach klargestellt, dass eine Benachteiligung von Eltern in Teilzeit unzulässig ist:

  • EuGH, Urteil vom 8. Mai 2019, C-486/18 (Praxair France): Der Europäische Gerichtshof entschied, dass die Entlassungsentschädigung nicht auf Grundlage des während der Elternzeit reduzierten Teilzeitgehalts berechnet werden darf. Maßgeblich ist das Vollzeitgehalt vor der Elternzeit. Quelle: EuGH, Urteil vom 8. Mai 2019, C-486/18, Praxair MRC SAS gegen Sophie Defossez, EUR-Lex Dokument 62018CJ0486

  • EuGH, Urteil vom 22. Oktober 2009, C-116/08 (Meerts): Auch hier stellte der EuGH klar, dass die Berechnung von Entlassungsentschädigungen auf Basis des Vollzeitgehalts erfolgen muss, um eine Diskriminierung zu vermeiden. Quelle: EuGH, Urteil vom 22. Oktober 2009, C-116/08, Meerts gegen Proost NV, EUR-Lex Dokument 62008CJ0116

  • Bundesarbeitsgericht (BAG): Das BAG hat entschieden, dass bei der Berechnung von Sozialplanabfindungen während der Elternzeit auf das Gehalt vor Beginn der Elternzeit abzustellen ist, um eine Benachteiligung aufgrund der Inanspruchnahme von Elternzeit zu vermeiden. Quelle: BAG, Urteil vom 15. April 2014, 1 AZR 361/12, juris

Bedeutung anwaltlicher Beratung im Arbeitsrecht

Gerade bei Restrukturierungen, Stellenabbau, Interessenausgleich und Sozialplan ist anwaltliche Beratung für Eltern in Teilzeit unerlässlich. Ein erfahrener Anwalt prüft:

  • Ob die Sozialauswahl korrekt durchgeführt wurde

  • Ob die Berechnung der Abfindung oder Sozialplanleistung diskriminierungsfrei erfolgt ist

  • Ob ein Aufhebungsvertrag oder eine andere Vereinbarung Benachteiligungen enthält
    Wichtig: Unterschreiben Sie keinen Aufhebungsvertrag und stimmen Sie keinen Maßnahmen des Arbeitgebers zu, ohne vorher anwaltlichen Rat einzuholen. Nur so können Sie Ihre Rechte wahren und eine Benachteiligung vermeiden.

Fazit

Eltern in Teilzeit sind bei Stellenabbau und Restrukturierungen besonders schutzbedürftig. Die Rechtsprechung des EuGH und des BAG stellt klar: Die Berechnung von Abfindungen und Sozialplanleistungen muss auf Basis des Vollzeitgehalts vor der Elternzeit erfolgen. Eine Benachteiligung von Teilzeitkräften ist unzulässig. Lassen Sie sich frühzeitig anwaltlich beraten, um Ihre Rechte zu sichern und Diskriminierung zu vermeiden.

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